Den Ort für eine Premiere stellt man sich
vielleicht etwas anders vor, aber pandemiebedingt fand die erste Verleihung des
Siegels „Nachhaltige Suchtvorbeugung im Kreis Gütersloh“ auf der sog.
„Drachenwiese“ zwischen Halle und Borgholzhausen statt. Ausgezeichnet wurden
dabei drei Projekte, für die das arbeiten an der frischen Luft jedoch zum
Alltag gehört: die Projekte zur aufsuchenden Jugendarbeit in den Gemeinden
Steinhagen, in der Stadt Halle und in den Gemeinden Borgholzhausen, Versmold
und Werther.
Verliehen wurden die Siegel durch die
Fachstelle für Suchtvorbeugung des Caritasverbandes für den Kreis Gütersloh
e.V. „Mit diesem Siegel wollen wir insbesondere regionale und präventive
Ansätze hervorgehoben, die ansonsten keine große Öffentlichkeitswirkung
erzielen dennoch aber suchtvorbeugend wertvoll sind“, erklärt Lars Riemeier von
der Fachstelle für Suchtvorbeugung eines der Ziele der Verleihung. „Denn
Suchtvorbeugung ist viel mehr als die Aufklärung über die Gefahren von
einzelnen Suchtstoffen oder die Durchführung großer medialer Kampagnen.
Wirksame Suchtvorbeugung beginnt bereits in einem vertrauensvollen Gespräch auf
Augenhöhe.“
Und solche Gespräche gehören zum Kerngeschäft
der diesjährigen Preisträger. Matthias Kreickenbaum, der „Streetworker“ für die
AWO in Steinhagen ist, fast zusammen, worum es bei diesen Gespräch oft geht:
„Die Jugendlichen, die wir an den verschiedenen Treffpunkten in der Gemeinde
treffen, berichten uns, was gerade bei Ihnen los ist, wie es Ihnen geht, wie es
mit der Schule oder der Ausbildungssuche läuft. Wenn es Probleme gibt,
versuchen wir zu helfen oder erst einmal einfach nur zuzuhören.“
Dabei sehen die Streetworker einen großen
Vorteil in ihrer Rolle, der sie von anderen pädagogischen Fachkräften
unterscheidet: „Wir werden nicht als Teil eines anderen Systems wie Schule oder
Ordnungsamt wahrgenommen. So können wir mit Jugendlichen auch leichter über Erfahrungen
mit Alkohol oder Drogen ins Gespräch kommen“, sagt Martin Göbel bei der Stadt
Halle als Streetworker angestellt ist.
Peter Köching, Leiter der Sucht- und
Drogenhilfe des Caritasverbandes schließt daran an: „Und genau das ist wichtig.
Denn häufig läuft im Leben der Jugendlichen nicht alles rund und nicht jeder
kommt aus einem gut behüteten Elternhaus. Vielleicht gab es auch schon prägende
negative Erfahrungen mit Schule. Hier leisten die Streetworker durch ihre
Beziehungsarbeit einen wichtigen suchtvorbeugenden Anteil. Sie unterstützen
damit die Entwicklung von Widerstandsfähigkeit gegenüber schwierigen
Lebensbedingungen.“ Diese Widerstandsfähigkeit kann entstehen, wenn Menschen
über ausreichende emotionale und soziale Kompetenzen verfügen, d.h. einen
angemessenen Umgang mit ihren eigenen Gefühlen beherrschen, konfliktfähig sind
oder über gute kommunikative Fähigkeiten verfügen.
„Gleichzeitig versuchen wir den Jugendlichen
auch eine Stimme zu geben und ihnen damit auch zu zeigen, dass es lohnenswert
ist für die eigenen Bedürfnisse einzustehen“, ergänzt Marcel Kay, der für die
aufsuchende Arbeit in den Gemeinden Borgholzhausen, Versmold und Werther steht.
Dort haben er und sein Kollege, Florian Rolle, in letzter Zeit unter anderem
dazu verschiedene Aktionen in den sozialen Netzwerken durchgeführt.
Die Aufsuchende Jugendarbeit gibt es in den
ausgezeichneten Regionen teilweise schon seit einigen Jahren: In Steinhagen
bereits seit 2009, in Halle seit 2013 und in Borgholzhausen, Versmold und
Werther seit 2019. Damit sind sie etablierte Zusatzangebote der Jugendhilfe,
die aufgrund ihrer Langfristigkeit auch eine nachhaltige Wirkung erzielen
können.
Ab diesem Jahr plant die Fachstelle für
Suchtvorbeugung einmal im Jahr das Siegel „Nachhaltige Suchtvorbeugung im Kreis
Gütersloh“ an regionale Akteure oder Projekte aus den Bereichen
Kindertageseinrichtung, Schule oder Jugendarbeit verleihen.
Bildunterschrift: Johanna Lind (3.v.l)
und Lars Riemeier (rechts) überreichten die Siegel an die Streetworker (v.l.)
Matthias Kreickenbaum (AWO, Steinhagen), Sandra Schwalb (AWO Steinhagen),
Martin Göbel (Stadt Halle), Marcel Kay (AWO, Borgholzhausen, Versmold, Werther)
und Florian Rolle (AWO, Borgholzhausen, Versmold, Werther).