Projektziel
Jede Art von
Lebewesen benötigt einen bestimmten Lebensraum, die einen einen größeren, die
anderen einen kleineren. Da sie aber
alle in einem existentiellen Beziehungsgeflecht zueinander stehen, bedeutet die
Beschneidung des Lebensraumes der auf größere Flächen angewiesenen Arten
zugleich eine Gefährdung der Arten, die sich scheinbar mit einem kleineren
Biotop begnügen können. Wolfhart
Kansteiner
Die
Zerschneidung, Verinselung und damit Zerstörung von Lebensräumen ist daher für
so gut wie alle Arten langfristig eines der gravierendsten Naturschutzprobleme
der Gegenwart. Der weitgehend unter deutschem und europäischem Naturschutz
stehende Teutoburger Wald ist eine bedeutende ökologische Verbindungsachse
zwischen den deutschen Mittelgebirgen und der norddeutschen Tieflandebene. Sie
ist in der Passlage bei Borgholzhausen durch Straßen- und Siedlungsbau
erheblich, aber nicht irreparabel beschädigt. Mit der Waldbrücke Borgholzhausen
soll der Teutoburger Wald in seiner Funktion als ökologische Verbindungsachse
nachhaltig bestärkt bzw. reanimiert werden.
Projektträger und Kooperationspartner
Projektträger
des Gesamtprojektes Waldbrücke sind die Stiftung Burg Ravensberg und die Stadt
Borgholzhausen. Die Stadt Borgholzhausen fördert das Projekt durch Bündelung
der von ihr aus verschiedenen Anlässen geschuldeten ökologischen Ausgleichsflächen
auf der Vernetzungstrasse, die Stiftung Burg Ravensberg u. a. durch Ankauf von Flächen auf dieser Trasse.
Kooperationspartner
sind u. a. die Forstverwaltung NRW, die Haarmann-Stiftung Umwelt und Natur in
Osnabrück, die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und
Kulturpflege, die Stiftung für die Natur Ravensberg in Kirchlengern, der
Naturwissenschaftliche Verein Bielefeld und Umgebung e.V., die
Peter-August-Böckstiegel Gesamtschule und die Violenbachschule Borgholzhausen.
Projektbeschreibung
Südlich der
Stadt Borgholzhausen besteht landschaftsstrukturell
noch die Möglichkeit, die durch anthropogenen Einfluss getrennten Waldgebiete
des Teutoburger Waldes zwischen der Johannisegge auf der nordwestlichen und dem
Barenberg und Ravensberg auf der südöstlichen Seite, waldbaulich wieder zu
vernetzen. Denn, wie das Bild oben zeigt, ist die geplante
Vernetzungstrasse noch nicht oder nur
mit vereinzelten kleineren Gehöften bebaut.
Die in Anspruch zu nehmenden landwirtschaftlichen Flächen sind, bis auf
eine Ausnahme, kleinparzelliert
zugeschnitten und von einer nur geringen landwirtschaftlichen Bedeutung. Zudem
liegen zwischen den genannten Höhenzügen des Teutoburger Waldes einzelne
Waldstücke und nach § 30 BNatSchG geschützte
Biotope, die sich als Trittsteine auf
der geplanten Vernetzungstrasse anbieten. Es drängt sich daher geradezu auf,
die einzelnen Lücken zwischen der Johannisegge, dem Barenberg/Ravensberg und
den Trittsteinen wieder zu schließen.
Die
Projektidee wurde im Jahre 2011 anlässlich des internationalen Jahres der
Wälder, das deutschlandweit auf der Burg Ravensberg begangen wurde, geboren und
in Anwesenheit einer hochrangigen Vertreterin des Bundesumweltministeriums der Öffentlichkeit mit einer Baumpflanzaktion
auf der Trasse vorgestellt.
Geplant sind neben weitgehenden Aufforstungsmaßnahmen
die Anpflanzung von Hecken und vereinzelter Obstbaumreihen. Als besondere
Maßnahme gilt die Renaturierung des in der Talsenke der Trasse verlaufenden Pustmühlenbaches,
der streckenweise durch die Einbringung von Bauschutt in den 70-er Jahren des
vorigen Jahrhunderts seiner ursprünglichen Natur beraubt wurde.
Das Projekt bietet zudem
Entwicklungspotenzial für die Zukunft, denn der Wald-Korridor ist nicht
statisch und kann durch zusätzliche Baumpflanzungen oder die Anlage von
Heckenstrukturen zunehmend verdichtet oder aufgeweitet werden. Perspektivisch
ist auch der Bau einer Grünbrücke über die L 785 mittel- bis langfristig als
separater Projektabschnitt vorstellbar.
Projektbegleitung
In
Naturschutzprojekte sollte, wo dies geht, die Öffentlichkeit einbezogen werden.
Dies dient nicht nur der Akzeptanz der jeweils geplanten Maßnahme, sondern auch
der Erhöhung eines dringend nötigen Natur- und Umweltbewusstseins allgemein.
Eine besonders geeignete Maßnahme ist dabei die Einbindung von Schulen. Die
Stiftung Burg Ravensberg betreut pädagogisch jährlich ca. 4.000 Kinder und
Jugendliche aus dem Westfälischen und Osnabrücker Land in historischen und
ökologischen Themen und hält daher engen Kontakt zu einer Vielzahl von Schulen.
Sie hat bei den schon vollzogenen Maßnahmen mehrfach handwerkliche Aktionen mit
der Gesamtschule Borgholzhausen veranstaltet.
Abb. 2 geplante Vernetzungskorridor
Stand der Umsetzung
Wie aus
Abbild 2 ersichtlich, sind bereits bedeutende Schritte getan.
Der
geplante Vernetzungskorridor ist in dem Luftbild skizziert und enthält die
Darstellung der zur Aufforstung bzw. ökologischen Aufwertung vorgesehenen
Areale. Insgesamt wurden schon 51.000 m² Wald gepflanzt (Nr.5, 7, 8 und 10) und
39.500 m² extensives Grünland entwickelt (Nr. 1, 2 und 3). Die Flächen (7, 8 und 10) wurden bereits
durch die Stadt Borgholzhausen aufgeforstet. Die Flächen (1, 2, 3, 4, 5 und 6) wurden
von der Stiftung Burg Ravensberg erworben und durch eine Bachrenaturierung,
Anlage von zwei Teichen und durch
extensive Wiesenbewirtschaftung in einen naturnahen Zustand versetzt (Nr.2). Die gelb
gekennzeichneten Flächen sind nach § 30 BNatschG geschützte Biotope.
Eine ganz
besondere Maßnahme auf dem Waldbrücken-Korridor war die Beseitigung einer Boden-
und Bauschuttdeponie aus den 1970er Jahren. Auf der blau umrandete, 13.450 m² große Fläche (Nr. 6), wurden 28.000 m³ Boden und
Bauschutt ausgebaggert und auf eine geeignete Fläche verbracht. In dem wiederhergestellten Siek wurde zur
Überraschung aller Beteiligten das Quellgebiet des Pustmühlenbachs wieder
freigelegt. Zum renaturierten Bachlauf, der nun von mehreren kleinen frei
austretenden Quellen gespeist wird, wurden zwei Teiche und eine Blänke
angelegt. Das freigelegte Siek wird der natürlichen Sukzession überlassen.
Neben Schilf und feuchteliebenden
Hochstauden haben sich bereits zahlreiche Erlen und Weiden angesiedelt.
Zusammen mit den bereits im südlichen Teil des Pustmühlenbaches angelegten
Teichen wird nicht nur das historische Landschaftsbild unterhalb der Burg Ravensberg
wieder hergestellt, sondern auch viele Feuchtbiotope auf über 600 m Länge
geschaffen, das vielfältigen, an diese Landschaftsform gebundenen Arten der
Fauna und Flora einen neuen Lebensraum bieten wird.
Die
bisherigen Erfolge im südlichen Teil des Pustmühlenbaches rechtfertigen eine
optimistische Sicht, die u. a. eine Wiederansiedlung des Laubfrosches und des Eisvogels
sowie eine Stabilisierung des Feuersalamandervorkommens umfasst.